PROGNOSEN, VORHERSAGEN, SCHÄTZUNGEN, SIMULATIONEN

Definitionen

Die folgenden Begriffe und Konzepte befinden sich im Tätigkeitsfeld der PROQNOSTIX:

  • Prognosen
  • Voraussagen
  • Forecasts
  • Schätzungen
  • Simulationen

Prognosen

Prognosis is “a forecast of the future course, or outcome, of a situation; a prediction “ (Daigle 2014, p. 7)

Der Begriff “Prognostics” wiederum wird wie folgt definiert:

“The ability to predict future events, conditional on anticipated usage and environmental conditions, significantly contributes to a system’s resilience for safe and efficient operation.“ (Sankararaman/Abhinav/Goebel 2014, p. 533)

Prognostizieren (engl. prognosticate) bedeutet

“to foretell from signs or symptoms: predict“ (Merriam Webster Dictionary 2019)

Voraussagen (engl. Prediction) und Forecasting

Die Voraussage (engl. prediction) wird wie folgt definiert:

“Prediction is concerned with estimating the outcomes for unseen data. (…) you fit a model to a training data set, which results in an estimator f^(x) that can make predictions for new samples x.” (Döring 2018)

Auch der Begriff des Forecasting findet immer mehr im deutschsprachigen Raum als Anglizismus Verwendung:

„Forecasting is a sub-discipline of prediction in which we are making predictions about the future, on the basis of time-series data.“ (Döring 2018)

Wie zu erkennen ist, existieren keine einheitlichen, voneinander scharf abgegrenzten Definitionen für die genannten Begriffe. Demnach kommt es beim allgemeinen Sprachgebrauch oft zu Überschneidungen der Begriffe “Prognosis”, “Forecasting”, “Prediction”, “Estimation” und “Simulation”. Sie sind in der Welt der mathematischen Modellierung und Statistik weit verbreitet und obwohl sie oft austauschbar verwendet werden, haben sie tatsächlich unterschiedliche Bedeutungen und Anwendungsbereiche:

1. Prognosis

  • Definition: “Prognosis” bezieht sich normalerweise auf die Vorhersage des wahrscheinlichen Verlaufs und Ausgangs eines spezifischen Zustands, häufig im medizinischen Kontext verwendet.
  • Mathematischer Kontext: In der mathematischen Modellierung bezieht sich eine Prognose auf die Vorhersage des zukünftigen Zustands eines Systems, basierend auf aktuellen und historischen Daten. Sie ist oft spezifisch und situativ.
  • Anwendung: Zum Beispiel könnte eine medizinische Prognose die voraussichtliche Entwicklung einer Krankheit bei einem Patienten unter Berücksichtigung seiner individuellen Gesundheitsdaten sein.

2. Forecasting

  • Definition: “Forecasting” ist der Prozess der Vorhersage zukünftiger Ereignisse oder Zustände, typischerweise basierend auf historischen Daten und statistischen Modellen.
  • Mathematischer Kontext: Beim Forecasting werden quantitative Methoden wie Zeitreihenanalysen, Regressionsmodelle oder maschinelles Lernen verwendet, um zukünftige Werte auf der Grundlage vergangener und gegenwärtiger Daten vorherzusagen.
  • Anwendung: Ein typisches Beispiel ist die Wettervorhersage, bei der historische Wetterdaten verwendet werden, um zukünftige Wetterbedingungen zu prognostizieren.

3. Prediction

  • Definition: “Prediction” bezieht sich allgemein auf den Prozess der Aussage über ein zukünftiges Ereignis.
  • Mathematischer Kontext: In der Statistik und im maschinellen Lernen beinhaltet die Prediction die Anwendung von Modellen, die auf historischen Daten trainiert wurden, um Vorhersagen über unbekannte oder zukünftige Daten zu treffen.
  • Anwendung: Ein Beispiel wäre die Verwendung eines maschinellen Lernmodells zur Vorhersage von Kundenverhalten basierend auf früheren Kaufmustern.

4. Estimation

  • Definition: “Estimation” bezieht sich auf den Prozess der Bestimmung eines Näherungswertes oder einer Reihe von Werten für eine unbekannte Größe basierend auf bekannten Daten.
  • Mathematischer Kontext: In der Statistik ist die Schätzung der Prozess, bei dem Parameter in einem statistischen Modell basierend auf beobachteten Daten bestimmt werden. Dies kann durch Methoden wie die Maximum-Likelihood-Schätzung oder Bayessche Schätzung erfolgen.
  • Anwendung: Ein Beispiel wäre die Schätzung der mittleren Anzahl von Kundenbesuchen in einem Geschäft pro Tag, basierend auf einer Stichprobe von Daten.

5. Simulation

  • Definition: “Simulation” ist der Prozess der Nachbildung eines realen Prozesses oder Systems über die Zeit.
  • Mathematischer Kontext: In der Simulation werden mathematische Modelle verwendet, um das Verhalten eines Systems unter verschiedenen Bedingungen zu studieren. Dies kann deterministische oder stochastische Modelle beinhalten.
  • Anwendung: Ein Beispiel ist die Verwendung von Computersimulationen, um die Auswirkungen verschiedener Strategien auf die Verbreitung einer Krankheit in einer Bevölkerung zu untersuchen.

Zusammenfassung

  • Prognosis fokussiert auf den spezifischen Verlauf und Ausgang eines Zustands, oft in einem speziellen Kontext wie der Medizin.
  • Forecasting nutzt historische Daten, um allgemeinere Vorhersagen über die Zukunft zu treffen, wie z.B. in der Meteorologie.
  • Prediction ist ein breiterer Begriff, der die Anwendung von Modellen zur Vorhersage unbekannter oder zukünftiger Zustände beinhaltet.
  • Estimation befasst sich mit der Bestimmung der Werte für unbekannte Parameter in einem statistischen Modell.
  • Simulation ist der Prozess der Nachbildung

Die Definitionen, die sechs Schlüsselprinzipien, zentralen Anforderungen sowie quantitative und qualitative Methoden, die im Forecasting relevant sind geht aus der nachfolgenden Abbildung hervor, wo die vielschichtige Natur des Forecastings überblickartigdargestellt ist (s. Abb. 1).

Abb. 1: Forecasting und verwandte Branchen mit Subbranchen

6 Schlüsselprinzipien des Forecasting

Forecasting, eine wesentliche Disziplin in verschiedenen Bereichen wie Ökonomie, Meteorologie und Geschäftsplanung, stützt sich auf mehrere Schlüsselprinzipien, um seine Genauigkeit und Relevanz zu verbessern. Lassen Sie uns in die sechs Schlüsselprinzipien eintauchen, die Sie erwähnt haben: Urteilsvermögen, Veranschaulichung, Umsicht, Disaggregation, Iteration und Triangulation.

  1. Urteilsvermögen Definition: Urteilsvermögen in der Prognostik bezieht sich auf die Nutzung von Expertenwissen und Intuition bei der Vorhersage. Anwendung: Es beinhaltet das Nutzen der Erfahrung und des Fachwissens von Einzelpersonen, um Daten zu interpretieren, Trends zu verstehen und fundierte Vorhersagen zu treffen. Urteilsvermögen ist besonders entscheidend in Situationen, in denen historische Daten zukünftige Bedingungen möglicherweise nicht vollständig erfassen oder wenn man mit beispiellosen Szenarien konfrontiert wird. Vorteile: Es fügt dem Prognoseprozess ein menschliches Element hinzu, was die Einbeziehung nicht quantifizierbarer Faktoren wie Marktdynamik, Verbraucherverhalten oder politische Veränderungen ermöglicht.
  2. Veranschaulichung Definition: Dies ist der Prozess, abstrakte Prognosen konkreter und verständlicher zu machen. Anwendung: Veranschaulichung kann durch Visualisierungstechniken, wie Grafiken und Diagramme, oder durch die Übersetzung von Prognosen in physische Modelle oder Prototypen erreicht werden. Dieses Prinzip ist besonders nützlich in Bereichen wie Produktentwicklung oder Stadtplanung. Vorteile: Es hilft den Stakeholdern, die Prognosen besser zu verstehen und sich damit zu identifizieren, und erleichtert so eine informiertere Entscheidungsfindung.
  3. Umsicht Definition: Umsicht in der Prognostik beinhaltet einen vorsichtigen und konservativen Ansatz, insbesondere angesichts von Unsicherheit. Anwendung: Dies bedeutet, die Grenzen von Vorhersagemodellen anzuerkennen und eine übermäßige Zuversicht in ihre Ergebnisse zu vermeiden. Oftmals beinhaltet dies die Vorbereitung auf eine Bandbreite möglicher Ergebnisse und die Berücksichtigung von Worst-Case-Szenarien. Vorteile: Umsichtige Prognosen helfen beim Risikomanagement und verhindern eine zu starke Abhängigkeit von übermäßig optimistischen Szenarien.
  4. Disaggregation Definition: Disaggregation bedeutet, komplexe Prognosen in einfachere, handhabbare Komponenten zu zerlegen. Anwendung: Anstatt eine einzelne, breite Prognose zu erstellen, beinhaltet die Disaggregation das Treffen separater Vorhersagen für verschiedene Elemente oder Zeiträume. Beispielsweise könnte ein Unternehmen anstelle der Vorhersage der jährlichen Verkäufe monatliche Verkäufe für verschiedene Produktkategorien prognostizieren. Vorteile: Dieser Ansatz kann die Genauigkeit verbessern, da er eine detailliertere Analyse jeder Komponente ermöglicht. Es erleichtert auch die Identifizierung der spezifischen Treiber von Veränderungen.
  5. Iteration Definition: Iteration bezieht sich auf den Prozess des wiederholten Überarbeitens von Prognosen basierend auf neuen Daten und Erkenntnissen. Anwendung: Sobald neue Informationen verfügbar werden, werden die Prognosen aktualisiert, um diese Änderungen widerzuspiegeln. Dies ist üblich bei Langzeitprojekten, bei denen sich die Bedingungen im Laufe der Zeit erheblich ändern können. Vorteile: Iterative Prognosen stellen sicher, dass die Vorhersagen relevant und genau bleiben und sich an neue Trends und Daten anpassen.
  6. Triangulation Definition: Triangulation in der Prognostik bedeutet die Verwendung mehrerer Methoden oder Datenquellen zur Validierung einer Prognose. Anwendung: Dies könnte das Kombinieren quantitativer Modelle mit qualitativen Einsichten umfassen oder die Verwendung verschiedener statistischer Methoden

Quantitative und Qualitative Methoden im Forecasting

Die Rolle von quantitativen und qualitativen Methoden in Prognosen und Forecasting ist entscheidend, da sie unterschiedliche Perspektiven und Ansätze zur Vorhersage zukünftiger Ereignisse oder Zustände bieten. Jede Methode hat ihre Stärken und wird oft komplementär verwendet, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit von Prognosen zu erhöhen.

Quantitative Methoden

Quantitative Methoden stützen sich auf numerische Daten und statistische Modelle. Sie sind besonders nützlich, wenn große Mengen historischer Daten verfügbar sind.

  1. Zeitreihenmodelle:

    • Rolle: Diese Modelle analysieren zeitlich geordnete Datensätze, um Muster wie Trends, saisonale Schwankungen oder Zyklen zu identifizieren. Sie sind grundlegend für Vorhersagen in Bereichen wie Finanzmarktanalyse, Wettervorhersage und Verkaufsprognosen.
    • Beispiele: Autoregressive Modelle (AR), Moving Average (MA), Autoregressive Integrated Moving Average (ARIMA).
  2. Kausale Modelle:

    • Rolle: Sie versuchen, Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Variablen zu identifizieren und zu quantifizieren. Sie sind nützlich, um zu verstehen, wie sich Veränderungen in einer Variablen (z.B. Preis, Werbeausgaben) auf eine andere Variable (z.B. Verkaufszahlen) auswirken.
    • Beispiele: Regressionsanalyse, ökonometrische Modelle.
  3. Experimentelle Modelle:

    • Rolle: Diese Modelle basieren auf kontrollierten Experimenten, um die Auswirkungen bestimmter Variablenänderungen zu testen. Sie sind besonders nützlich, um kausale Beziehungen in einem kontrollierten Umfeld zu untersuchen.
    • Beispiele: A/B-Tests, randomisierte kontrollierte Studien.

Qualitative Methoden

Qualitative Methoden stützen sich auf nicht-numerische Daten wie Expertenmeinungen, Fallstudien oder Umfragen. Sie sind besonders wertvoll, wenn es um neue, unerforschte Bereiche oder komplexe Szenarien geht, die nicht leicht quantifizierbar sind.

  1. Umfragen:

    • Rolle: Sie sammeln Informationen direkt von Individuen, typischerweise über Fragebögen oder Interviews. Umfragen sind nützlich, um Einblicke in Verbraucherpräferenzen, Meinungen und Verhaltensweisen zu gewinnen.
    • Beispiele: Marktumfragen, Kundenzufriedenheitsstudien.
  2. Delphi-Methode:

    • Rolle: Eine strukturierte Kommunikationstechnik, oft genutzt in der Vorhersage zukünftiger Ereignisse, indem sie Expertenmeinungen über mehrere Runden iterativ abfragt und zusammenführt.
    • Beispiele: Technologietrendanalyse, Langzeitstrategieentwicklung.
  3. Expertenmeinungen:

    • Rolle: Das Sammeln von Einschätzungen von Fachleuten in einem bestimmten Gebiet. Expertenmeinungen sind nützlich, wenn historische Daten begrenzt oder nicht vorhanden sind oder wenn ein neues Phänomen untersucht wird.
    • Beispiele: Marktanalysen, politische Risikobewertung.
  4. Marktexperimente:

    • Rolle: Reale Tests in einem Marktumfeld, um die Reaktionen auf Produktänderungen, neue Werbekampagnen oder andere Marketinginitiativen zu untersuchen.
    • Beispiele: Pilotprojekte, Markteinführungstests neuer Produkte.

Integration von Quantitativen und Qualitativen Methoden

  • Ergänzende Stärken: Quantitative Methoden bieten präzise, datenbasierte Vorhersagen, während qualitative Methoden tiefere Einblicke und Kontextinformationen liefern.
  • Ganzheitlicher Ansatz: Die Kombination beider Ansätze führt zu einem umfassenderen Verständnis und kann die Genauigkeit der Prognosen verbessern.
  • Anpassung an spezifische Bedürfnisse: Je nach Situation und Verfügbarkeit von Daten können Forecasting-Modelle angepasst werden, um die relevant.

Anforderungsmanagement beim Forecasting und bei Prognosen


Beim Forecasting und der Erstellung von Prognosen in einem geschäftlichen Kontext sind verschiedene Anforderungen zu berücksichtigen, um effektive und zuverlässige Vorhersagen zu gewährleisten. Diese Anforderungen umfassen Geschäftsziele, Methodenbeschreibungen, typische Ansätze, Kosten, Genauigkeit, Identifikation von Wendepunkten, benötigte Daten, Entwicklungszeit für eine entsprechende Anwendung und Referenzen. Hier eine detailliertere Betrachtung:

  1. Geschäftsziele:
    • Es ist wichtig zu verstehen, wofür die Prognose benötigt wird. Dies könnte die Optimierung von Lagerbeständen, Preisgestaltung, Markteinführungsstrategien oder andere geschäftliche Entscheidungen umfassen.
  2. Methodenbeschreibung:
    • Eine klare Definition der verwendeten quantitativen und qualitativen Methoden ist entscheidend. Dies schließt Zeitreihenanalysen, kausale Modelle, Delphi-Methoden und andere relevante Ansätze ein.
  3. Typische Ansätze:
    • Abhängig von der Branche und den spezifischen Anforderungen können verschiedene Ansätze wie Trendanalysen, ökonometrische Modelle oder maschinelles Lernen angewendet werden.
  4. Kosten der Prognoseerstellung:
    • Die Entwicklung und Pflege von Prognosemodellen verursacht Kosten, die sowohl direkte Ausgaben für Tools und Personal als auch indirekte Kosten wie Schulungen umfassen können.
  5. Genauigkeit:
    • Die erwartete Genauigkeit der Prognose muss definiert werden. Dies hängt oft von der Art der Vorhersage und der Verfügbarkeit von Daten ab.
  6. Identifikation von Wendepunkten:
    • Die Fähigkeit, wichtige Veränderungen im Markt oder in der Datentrendlinie zu erkennen, ist für die Anpassungsfähigkeit und Relevanz von Prognosen entscheidend.
  7. Benötigte Daten:
    • Es muss klar sein, welche Art von Daten benötigt werden (historische Daten, Echtzeit-Daten), sowie deren Quellen und Qualität.
  8. Zeitbedarf zur Entwicklung einer Anwendung für Forecasting:
    • Die Entwicklungsdauer eines Prognose-Tools kann variieren, abhängig von der Komplexität des Modells und der Integrierbarkeit in bestehende Systeme.
  9. Referenzen und Fallstudien:
    • Vorherige erfolgreiche Implementierungen oder Fallstudien können als Referenz dienen und helfen, das Vertrauen in die angewendeten Methoden und Ansätze zu stärken.

Diese Anforderungen müssen sorgfältig abgewogen und an die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden. Eine effektive Prognose erfordert nicht nur geeignete Methoden und Daten, sondern auch ein klares Verständnis der Geschäftsziele und Marktbedingungen.

 

 

 

Quellverzeichnis

Daigle, Matthew (2014): Model-based prognostics. Prognostics center of excellence. Intelligent systems division. Nasa ames research center.

Https://www.Phmsociety.Org/sites/phmsociety.Org/files/daigle-modelbasedprognostics-tutorial-phm2014_1.Pdf

Döring, Matthias (2018): Prediction vs forecasting. Predictions do not always concern the future …

https://www.Datascienceblog.Net/post/machine-learningforecasting_vs_prediction/

Merriam Webster Dictionary (2019): Progosticate. Http://www.Merriam-webster.Com/dictionary/prognosticate

Sankararaman, Shankar ; Abhinav, Saxena ; Goebel, Kai A (2014): Are current prognostic performance evaluation practices sufficient and meaningful? Annual conference of the prognostics and health management society 2014. Nasa ames research center, moffett field, ca 94035, usa

6 Schlüsselprinzipien von Forecasts bzw. Vorhersagen